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OWL-Naturschutzverbände boykottieren Erörterungstermine zum Regionalplan

29. September 2022 | BUND, Flüsse & Gewässer, Lebensräume, Klimawandel, Naturschutz, Wälder

„Regionalplanungsbehörde ignoriert berechtigte Anliegen des Naturschutzes."

Regionalplan OWL - Entwurf 2020 Regionalplan OWL - Entwurf 2020  (Bezirksregierung Detmold)

Mit großen Hoffnungen auf eine intensive Beteiligung und Berücksichtigung von Bedenken haben Natur- und Umweltschutzverbände in Ostwestfalen-Lippe (OWL) vor über einem Jahr zum neuen Regionalplan Stellung genommen. Die jetzt vorgelegte Erörterungsgrundlage ist aus Sicht der Verbände eine große Enttäuschung. Je nach Region seien 70 bis 95 Prozent der Anregungen und Bedenken der Naturschutzverbände pauschal mit dem Satz „Dieser Anregung wird nicht gefolgt“ abgewiesen worden. Aus Protest gegen diesen Umgang mit erforderlichen Änderungen aus ihren fundiert vorgetragenen Bedenken haben die Naturschutzverbände angekündigt, die jetzt zum Regionalplan angesetzten Erörterungstermine zu boykottieren.

„Wie die Regionalplanungsbehörde mit den Einwänden der Naturschutzverbände umgeht, nahezu alle ernsthaft vorgetragenen Bedenken in den Papierkorb wirft, das hat mit einem demokratischen Beteiligungsverfahren nichts mehr zu tun“, kritisiert der Sprecher der Bezirkskonferenz Naturschutz OWL Karsten Otte. Und für den BUND ergänzt Adalbert Niemeyer-Lüllwitz: „Die Regionalplanungsbehörde entscheidet so für weiteren ungebremsten Flächenfraß und gegen den Naturschutz, als wenn es Artensterben und Klimakrise nicht geben würde.“

Zum Entwurf des Regionalplans für Ostwestfalen-Lippe, der für die nächsten 20 Jahre den planerischen Rahmen sowohl für die Siedlungsentwicklung als auch für die Sicherung von Naturschutzflächen festlegt, hatten die Naturschutzverbände eine umfangreiche Stellungnahme in das Beteiligungsverfahren eingebracht. Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verbände hatten Daten aus allen Teilen des Regierungsbezirkes zusammengetragen und den Regionalplanern mit über 700 Einzelanregungen Hinweise und Bedenken vorgelegt. Davon wurde, so die Verbände in einer Stellungnahme, fast nichts in die jetzt vorliegende Erörterungsunterlage übernommen.

Zu kritisieren sei besonders der Beschluss des Regionalrates für den sogenannten „Entscheidungskompass“. Danach solle nur in absoluten Ausnahmefällen Einwendungen gefolgt werden. „Dass jede Diskussion über konkrete Flächen auf den Erörterungsterminen kategorisch ausgeschlossen werden soll, macht diese Termine zu einer Farce“, erklärt dazu für den NABU Lothar Meckling. Und weiter: „Damit wird auch der gesetzliche Auftrag aus dem Landesplanungsgesetz NRW, in der Erörterung einen Ausgleich der Meinungen anzustreben, unterlaufen. Wenn der Regionalrat und die Bezirksregierung an einem Konsens interessiert sind, muss das Verfahren geändert werden.“ Die Verbände fordern deshalb Regierungspräsidentin Bölling auf, diese aus ihrer Sicht „dramatische planerische und verfahrensmäßige Fehlentwicklung“ zu korrigieren und eine inhaltliche Erörterung aller Einwände zu ermöglichen.

„Erschreckend ist für uns, dass selbst Wünsche der Kommunen und Kreise nach Zurücknahme von neuen Siedlungsflächen abgelehnt werden. Anstrengungen von Kommunen für eine flächenschonende Siedlungsentwicklung werden so völlig unterlaufen“, kritisiert Uta Greuner-Lindner von der Gemeinschaft für Natur- und Umweltschutz (GNU/LNU). „Offensichtlich soll der Plan weitgehend unverändert und so schnell wie möglich durchgezogen werden. Der Planentwurf gehört aber angesichts der Klima- und Biodiversitätskrise grundsätzlich auf den Prüfstand“, fordert dazu Ullrich Richter, Vertreter der Naturschutzverbände im Regionalrat. Würde dieser Regionalplan so beschlossen, gingen weitere Hunderte von Hektar ökologisch wertvoller Freiflächen künftig für den Schutz von Flora und Fauna verloren. Sogar bisher als „Bereiche zum Schutz der Natur“ gesicherte Flächen würden gestrichen. Auch für das wertvollste Naturgebiet von NRW, der Senne mit der angrenzenden Egge, müsse unbedingt an der Zielfestsetzung „Nationalpark“ für die Zeit nach der militärischen Nutzung festgehalten werden. Stattdessen weitere rund 12.000 Hektar für Bebauungen vorzusehen sei in Anbetracht des Artensterbens eine fatale Entscheidung der Regionalplaner*innen, so die Naturschutzverbände zur Begründung ihres Protestes.

Sollte an dem Verfahren so festgehalten und der Regionalplan ohne ausreichende Berücksichtigung der Belange des Natur- und Klimaschutzes beschlossen werden, kündigen die Naturschutzverbände schon jetzt eine juristische Überprüfung an. Dazu verweisen die Verbände besonders auf das Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das Politik und Verwaltungen dazu zwingt, Klimaschutz stärker als bisher bei Planungen zu berücksichtigen.

Quelle: Pressemitteilung der Naturschutzverbände in OWL vom 29. September 2022 (pdf).

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