Kreisgruppe Höxter
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Totholzverklausung Schelpe

FLOW-Projekt an der Schelpe in Höxter

Fließgewässer erforschen, gemeinsam Wissen schaffen und Gewässer schützen. Das hat sich das Projekt FLOW zum Ziel gesetzt. Als sogenanntes Citizen-Science-Projekt lädt es alle Bürger*innen dazu ein, selbst Daten für die Wissenschaft zu sammeln.

Mitwirkende für BUND-Kreisgruppe Höxter gesucht

Schelpe in Höxter Die Schelpe zwischen Höxter und der Ortschaft Brenkhausen  (B. Storkebaum)

Dieses Jahr möchte die BUND-Kreisgruppe Höxter erstmalig am FLOW-Projekt teilnehmen und sucht dafür noch Menschen, die sich für Natur- und Umweltschutz insbesondere an Bächen interessieren und einen Beitrag zur Gewässerforschung im Sinne von Citizen Science (Bürgerwissenschaft) leisten wollen. Es geht um einen Aktionstag am Bach, wofür wir uns einen Abschitt der Schelpe zwischen Höxter und der Ortschaft Brenkhausen ausgesucht haben.

Am Samstag, den 3.6.2023, wollen wir einen ganzen Tag nach einem vorgegebenen Protokoll gemeinsam den Bach untersuchen. Zur Vorbereitung und Erläuterung des Ablaufs wird es einen Abend Ende April in Höxter geben, Ort und Zeit werden noch bekannt gegeben. Wir suchen interessierte Jugendliche ab 15 Jahren und Erwachsene. Jüngere Kinder können dazu kommen, sind aber nicht die Zielgruppe und müssen auch entsprechend selber beaufsichtigt werden. Es wird eine gewisse Ausdauer erwartet, auch bei möglicherweise nicht optimalem Wetter 6-7 Stunden Proben zu analysieren und Kleinstlebewesen zu bestimmen. Dabei können wir alle vieles über diese Tiere und den Gewässerzustand lernen. Die Ergebnisse werden an das bundesweite FLOW-Projekt weitergeleitet.

Das Ziel des FLOW-Projekts ist, den Gewässerzustand von Kleinstgewässern besser zu erfassen mit Hilfe von Bürger*innen. Ein weiteres Ziel ist die Umweltbildung dieser Menschen. In nachfolgenden Projekten können auch Maßnahmen entwickelt werden, den Zustand der Gewässer zu verbessern.

Methoden zur Gewässerbewertung

Die drei Methoden zur Gewässerbewertung im FLOW-Projekt orientieren sich an den drei Fließgewässer-Bewertungskomponenten der Wasserrahmenrichtlinie (Auszug aus dem Aktionsheft FLOW-Projekt):

  • A) Ermittlung der Gewässerstrukturgüte nach Protokoll der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) mit den sechs Hauptparametern Laufentwicklung, Längsprofil, Querprofil, Sohlenstruktur, Uferstruktur und Gewässerumfeld.
  • B) Chemisch-physikalische Analysen zur punktuellen Bestimmung von Ammonium-, Nitrit- und Nitratgehalt; Phosphatgehalt, pH-Wert, Ionenleitfähigkeit, Chloridgehalt, Wassertemperatur; Sauerstoffgehalt und Sauerstoffsättigung.
  • C) Makrozoobenthos-Beprobung (merkmalsbasierter biologischer Indikator „SPEciesAtRisk“2 zur Analyse der Pestizidbelastung an einer Probestelle über die Zusammensetzung der Makrozoobenthos-Lebensgemeinschaft (vgl. Knillmann et al., 2018; Liess & Von Der Ohe, 2005).

Für B und C suchen wir Mitwirkende, insgesamt 5 bis maximal 15 Interessierte. Das Chemie-Team (B, nur 2-3 Leute) benötigt etwa 2 Stunden. Diese Gruppe sollte auch noch an 2-4 weiteren Terminen Proben nehmen und die Messungen durchführen. Es gibt dazu einen Chemie-Werkzeug-Koffer vom Projekt. Am Projekttag wird die Chemie-Gruppe anschließend die Makrozoobenthos-Gruppe unterstützen. Gruppe C (Makrozoobenthos) benötigt 6-7 Stunden und ist nur am Vorbereitungsabend und am Aktionstag dabei. Nur wenige Teilnehmer*innen müssen in den Bach steigen. Die meiste Arbeit wird an Tischen auf der Wiese erledigt. Die Aufgabe der Gruppe A wird von der BUND-Kreisgruppe vorab erledigt. Interessierte können sich per E-Mail melden unter: BUND.Kreis-Hoexter(at)gmx.de.

Die europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)

Schelpe in Höxter Die Schelpe zwischen Höxter und der Ortschaft Brenkhausen  (B. Storkebaum)

„Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss.“ (EG-WRRL, 2000). Dieser erste Satz der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) fordert alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union auf, den „guten ökologischen Zustand“ ihrer Fließgewässer zu erhalten oder wiederherzustellen (Korte et al., 2010b).

Naturnahe Fließgewässer und Auen gehören zu den artenreichsten Biotoptypen Mitteleuropas. Sie bieten einen Lebensraum für viele bedrohte und auch wirtschaftlich relevante Arten (u.a. Fische). Zugleich sind sie ein wichtiger Ort der Erholung und ein attraktiver Raum für Freizeit und Tourismus. Sie liefern einen wichtigen Beitrag zur Grundwasserbildung, sind ein riesiges natürliches Klärwerk und leisten effektiven Hochwasserschutz (BfN, 2019). Diese sogenannten Ökosystemleistungen zeigen, welche Bedeutung Fließgewässer und ihre Auen für die Gesellschaft haben. Damit Fließgewässer diese Leistungen und Funktionen auch zukünftig erfüllen können, muss ihr guter ökologischer Zustand wiederhergestellt oder aktiv geschützt werden.

Das Ziel der WRRL (WRRL, 2000; BMU, 2011), alle Oberflächengewässer bis 2015 in einen „guten ökologischen Zustand“ zu versetzen wurde in Deutschland großflächig verfehlt (BMU & UBA, 2017; Reese et al., 2018). Gewässerunterhaltung und -ausbau (wie z.B. Begradigung, Ufer- und Sohlenbefestigung, Querbauwerke, Aufstauung, Wasserentnahme) haben die ursprüngliche Habitatstruktur, die Abflussdynamik und die Land-Wasser-Vernetzung vieler Fließgewässer stark verändert. Stoffliche Belastungen durch Nährstoffe und chemische Schadstoffe aus Landwirtschaft, Industrie und Haushalten beeinträchtigen die Wasserqualität. Aktuell befinden sich nur acht Prozent der deutschen Flüsse und Bäche in einem guten ökologischen Zustand (BMU/UBA, 2022; Reese et al., 2018).

Freilandstudien weisen darauf hin, dass der intensive Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft und der Lebensraumverlust zu den Hauptursachen für den drastischen Rückgang von Insekten in Deutschland zählen zählen (Hallmann et al., 2017; Seibold et al., 2019).
Pflanzenschutzmittel (auch: Pestizide, d.h. Insektizide, Herbizide und Fungizide) beeinträchtigen nicht nur terrestrische Ökosysteme. Sie werden von den Äckern in die Gewässer eingetragen und haben bereits in geringen Konzentrationen negative Auswirkungen auf Artenreichtum und -diversität aquatisch lebender wirbelloser Tiere (darunter Insekten und ihre Larven, vgl. Beketov et al., 2013; Liess et al., 2008; Peters et al., 2013). Viele heimische Insekten haben aquatische Larvenstadien, die vom guten ökologischen Zustand der Gewässer abhängig sind.

Um angemessene Maßnahmen zum Schutz von Fließgewässern abzuleiten und ihre Wirksamkeit zu überprüfen, muss der ökologische Zustand von Fließgewässern systematisch erfasst werden.

Regelmäßiges Monitoring

Schelpe in Höxter Die Schelpe zwischen Höxter und der Ortschaft Brenkhausen  (B. Storkebaum)

Die Wasserrahmenrichtlinie schreibt hierzu ein regelmäßiges Monitoring von mittleren bis großen Fließgewässern mit einem Einzugsgebiet von über 10 km² vor, das von den Umweltämtern der Bundesländer an ausgewählten Probestellen durchgeführt wird. Insbesondere kleine Bäche (Einzugsgebiet < 10 km²) werden dabei nicht ausreichend berücksichtigt. Das Umweltbundesamt (UBA) führte gemeinsam mit dem Umweltforschungszentrum Leipzig (UFZ) 2018 und 2019 das nationale Kleingewässermonitoring (KgM) durch, in dem bundesweit an etwa 140 Bächen mit landwirtschaftlich geprägtem Einzugsgebiet Daten zur Pestizidbelastung und zum ökologischen Zustand erhoben wurden. Das KgM liefert sehr detaillierte ökologische und ökotoxikologische Daten zu den Probestellen. Jedoch kann es den lokalen ökologischen Zustand und das Ausmaß der Pestizidbelastung (genauso wie das WRRL-Fließgewässermonitoring) nur an einer begrenzten Anzahl von Probestellen erfassen.

Es besteht ein dringender Bedarf, die Verfügbarkeit standardisierter Flächendaten zum ökologischen Zustand kleiner Fließgewässer zu verbessern. Effektiver Fließgewässerschutz und die langfristige Verminderung von Ökosystemstressoren kann nur durch breite gesellschaftliche Unterstützung gelingen. Das Ziel des Citizen Science-Fließgewässermonitorings FLOW ist es daher, die aktuellen wissenschaftlichen und behördlichen Monitoringprogramme zu erweitern, indem Bürgerwissenschaftler*innen an der Fließgewässerforschung beteiligt werden. Dadurch wird angestrebt, einen möglichst fein skalierten, überregionalen Datensatz zum ökologischen Zustand kleiner Fließgewässer zu generieren. Das zweite wichtige Ziel des FLOW-Projekts ist es, die Umweltbildung und Bürgerbeteiligung im Bereich des Fließgewässerschutzes zu stärken.

Auf der Homepage des FLOW-Projekts finden Sie weitere Informationen: www.flow-projekt.de.

Flyer: FLOW-Projekt

Flyer: FLOW-Projekt Flyer: Das Citizen-Science-Projekt "FLOW"  (BUND)

Die Umsetzung der EG-WRRL in NRW

Broschüre: Die Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie in NRW Broschüre: Die Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie in NRW