Der Europäische Aal (Anguilla anguilla) ist ein faszinierender Bewohner unserer Küsten- und Binnengewässer. Interessant ist der Aal wegen seines komplexen Lebenszyklus, der ihn aber auch besonders empfindlich gegenüber Störungen macht. Der Europäische Aal machte einst etwa die Hälfte der Fischbiomasse in den europäischen Binnengewässern aus. Die Kanäle der norddeutschen Marschen waren damals so reich an Jungaalen, dass die Bauern sie als Dünger auf die Felder schaufelten oder sogar an ihre Hühner verfütterten. Neben anderen, werden als Ursachen für den starken Bestandsrückgang Lebensraumverlust, Wanderhindernisse und die Folgen des Klimawandels vermutet. Zahlreiche Querbauwerke erschweren heute die Zu- und Abwanderung der Aale in ihre angestammten Lebensräume in den deutschen Gewässern.
Verbreitung, Merkmale und Fortpflanzung
Der Aal hat einen schlangenförmigen Körperbau, bei dem Rücken-, Schwanz- und Afterflosse zu einem umlaufenden Saum zusammengewachsen sind. Bauchflossen fehlen ganz. Die weiblichen Aale werden mit bis zu anderthalb Metern Länge deutlich größer als die Männchen, die maximal 60 cm erreichen. Es gibt zwei Typen der Ernährungsweise, die sich über die Maulform differenzieren lassen, den Spitzkopfaal, der sich überwiegend von Kleinlebewesen wie Krebsen, Würmern und Schnecken ernährt und den Breitkopfaal, der überwiegend Fischnahrung aufnimmt.
Den Großteil ihres Lebens verbringen viele Aal in unseren Binnengewässern. Nach mehreren Jahren Aufenthalt in den Binnengewässern wandern die Aale wieder in Richtung Meer, wobei sich ihr Körperbau in Anpassung an die marinen Verhältnisse verändert. Die Augen werden größer, der Rücken färbt sich dunkel und die Bauchseite silbrig weiß (Blankaal).
Auf der Wanderung Richtung Sargassosee, ein großes Meeresgebiet nördlich der Karibik, wandern sie nicht nur horizontal durch den Atlantik, sondern auch vertikal. Vermutlich um sich vor Fressfeinden zu schützen, tauchen sie tagsüber auf Tiefen von über 1000 Meter ab. Nach der Paarung in der Sargassosee schlüpfen die Larven, welche mit Unterstützung des Golfstroms als sogenannte Weidenblattlarven an die Küsten zwischen Nordafrika und Nordnorwegen zurückwandern. Noch vor dem Aufstieg in die Flüsse des Festlands entwickeln sie sich zu sogenannten Glasaalen. Der Form nach sehen sie jetzt schon aus wie erwachsene Aale; allerdings sind sie noch vollkommen durchsichtig. Mit Eintritt ins küstennahe Brackwasser beginnen sie sich dunkel zu färben. Mit fortschreitendem Alter wachsen sie heran und die Körperfärbung reicht von gelb-grün bis grau (Gelbaal), bevor sie dann als Blankaale die Reise zurück in die Sargassosee antreten.
Als Generalisten können Aale fast alle Lebensräume besiedeln, vom klaren Bergsee bis zum trüben Tieflandfluss. Sie dienen aber auch als Nahrungsquelle für Fressfeinde wie Fischotter und Kormorane im Binnenland oder Wale und Haie auf ihren Wanderungen im Atlantik.
Sozioökonomische Bedeutung
Der Europäische Aal hat aber auch eine große kulturelle und sozioökonomische Bedeutung. Nach Angaben des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) ist der Bestand stark zurückgegangen. Deshalb ist er die einzige Fischart in Europa, für die es eine eigene EU-Verordnung gibt. Um den Bestand zu stützen und wieder aufzubauen, werden im Rahmen der Verordnung umfangreiche Besatzmaßnahmen durchgeführt.
Die Fangmöglichkeiten wurden in den letzten Jahren immer weiter eingeschränkt. Dennoch ist er nach wie vor ein beliebter Angelfisch und immer noch eine wichtige Einkommensquelle für die Binnen- und Küstenfischerei.
- Langstreckenwanderer der zweimal in seinem Leben den Atlantik durchquert
- Bestand ist durch Gewässerverbauung und Lebensraumverluste bedroht
- Einst der häufigste Süßwasserfisch in Europa
- Ein beliebter Angel- und Speisefisch
Eines der größten Wildtierverbrechen weltweit
Der internationale Handel mit Europäischen Aalen ist durch die Listung im Anhang II des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES) stark eingeschränkt und der Handel über die europäische Außengrenze (Import und Export) ist seit 2010 gänzlich verboten.
Weltweit sind die drei nördlichen Anguilla-Arten, Europäischer, Japanischer und Amerikanischer Aal (insgesamt gibt es 19 Arten und Unterarten) ein beliebter Speisefisch. Aufgrund ihres komplexen Lebenszyklus können Aale noch nicht kommerziell in Gefangenschaft gezüchtet werden. Daher wurde jeder Aal aus Aquakultur ursprünglich als Glasaal gefangen.
Aufgrund der hohen Nachfrage für die asiatische Aquakultur hat sich daraus ein äußerst lukrativer Schmuggel von lebenden Glasaalen nach Asien entwickelt. Europol und Interpol bezeichnen den Aalschmuggel als eines der größten Wildtierverbrechen weltweit. Nach Angaben der Behörden werden jährlich schätzungsweise 300 Millionen Aale illegal exportiert, der Schaden wird auf 3 Milliarden Euro geschätzt.
Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung des Deutschen Angelfischerverbandes e.V. (DAFV), des Verbandes Deutscher Sporttaucher e.V. (VDST) und der Gesellschaft für Ichthyologie e.V. (GfI) vom 04. November 2024.